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Leben mit Azawakhs

Ein Blog von und für Azawakhfreunde


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Donnerstag, 11. Mai 2006

Azawakh im Wandel - Gedanken zur Entwicklung der Rasse

Von Taikoussou, 19:24

"Azawakh im Wandel" - so überschrieb der langjährige Züchter der Rasse Azawakh, Dr. Ulrich Hochgesand, seinen Beitrag im Verbandsorgan des DWZRV "Unsere Windhunde", Ausgabe 12/2005. Etwas wirklich neues beinhaltete dieser Beitrag leider nicht, dafür aber zahlreiche Angriffe gegen das vermeintliche "Feindbild" - die Importfraktion.

Nun, so kommentarlos wollte ich persönlich diesen Beitrag nicht stehen lassen, bedauerlicherweise aber wurden meine Gedanken dazu durch die Schriftleitung des DWZRV nicht veröffentlicht. Doch zum Glück gibt es ja das www, so dass ich meinen Gedanken zumindest hier freien Lauf lassen kann:

Leserbrief/Gegendarstellung zum Beitrag "Azawakh im Wandel?"

von Herrn Dr. U. Hochgesand in UW 12/2005

"Azawakh im Wandel?" überschreibt Herr Dr. Hochgesand seinen Beitrag im UW 12/2005 - auf diese Frage bekommt er von mir ein klares JA! Eine ganz andere Sache ist es, ob die Einbeziehung von Importhunden aus den Ursprungsländern in die hiesige Zucht als Todesstoß für die Rasse anzusehen ist. Zusammen mit vielen anderen Azawakhfreunden meine ich: Genau das Gegenteil ist der Fall!

Herr Dr. Hochgesand versucht mit seinem Beitrag, folgendes Bild zu zeichnen: Aus den Ursprungsländern importierte Hunde – insbesondere die "ABIS-Importe" – seien zweifelhafter Abstammung, würden wahllos verpaart und durch angeblich mangelnden Typ und fehlerbehaftete Morphologie einen schädlichen Einfluss auf die Rasse nehmen. Bleiben wir schon hier bei den Tatsachen: Von 38 durch Teilnehmer an ABIS-Expeditionen seit Anfang der 90er Jahre importierten Hunden (vgl. www.azawakhs.de) wurden bislang überhaupt nur 18 durchaus hochtypische Exemplare zur Zucht verwendet, und das weltweit!

Wie inkompetent und blind soll denn nach Dr. Hochgesands Ansicht die deutsche Richterschaft sein? Die Voraussetzungen für eine Körung und spätere Zuchtverwendung nach den Richtlinien des DWZRV sind ihm sicher bekannt: Da ist die Reinrassigkeitserklärung, die durch zwei Spezialzuchtrichter erfolgen muss. Zur Ankörung selbst ist zweimal die Wertnote "sehr gut" durch deutsche Spezialzuchtrichter erforderlich. Was § 16 der Richterordnung zu den Wertnoten aussagt, kann jeder Interessierte dort nachlesen. Hier ein kurzer Auszug:

"Vorzüglich" darf nur einem Hunde zuerkannt werden, der dem Idealstandard der Rasse sehr nahe kommt, in ausgezeichneter Verfassung vorgeführt wird, ein harmonisches, ausgeglichenes Wesen ausstrahlt, "Klasse" und eine hervorragende Haltung hat. Seine überlegenen Eigenschaften seiner Rasse gegenüber werden kleine Unvollkommenheiten vergessen machen, aber er wird die typischen Merkmale seines Geschlechtes besitzen.

Ein "Sehr Gut" dagegen wird nur einem Hund zuerkannt, der die typischen Merkmale seiner Rasse besitzt, von ausgeglichenen Proportionen und in guter Verfassung ist. Man wird ihm einige verzeihliche Fehler nachsehen, jedoch keine morphologischen. …"

Wären die importierten Hunde so skandalös unedel und fehlerbehaftet wie Herr Dr. Hochgesand uns Glauben zu machen versucht, hätten die Zuchtrichter sehr wohl die Möglichkeit gehabt, diese zu disqualifizieren und somit von vorn herein von der Zucht auszuschließen, und es hätte in den vergangenen Jahren die Wertnoten "gut", "genügend" oder "nicht genügend" geradezu hageln müssen.

Ch. Taikoussou ag Intangoum, ABIS-Import Mali aus dem Jahr 1993, Jahressiegerin 2003

Wie erklärt Herr Dr. Hochgesand zudem die zahlreichen Championate und Tagestitel der Importhunde und deren Abkömmlingen? Durch mangelnde Konkurrenz in den Ausstellungsringen? Als die bei einer ABIS-Expedition 1993 aus Burkina Faso importierte Hündin Ch.Taikoussou ag Intangoum im Jahr 2003 aus der Veteranenklasse heraus Jahressiegerin wurde, gewann sie das Stechen gegen erstklassige Hündinnen, die ihrerseits jeweils gut besetzte Klassen gewonnen hatten. Seinerzeit waren immerhin 40 Hündinnen gemeldet (6 x Jü, 2 x JK, 17 x OK, 6 x GK, 6 x SK, 3 x VK). Eine schöne Dokumentation über diese Veranstaltung kann der interessierte Leser auf den Seiten des DWZRV (www.dwzrv.com) nachlesen.

Ch. S + L Taytok, ABIS-Import Mali aus dem Jahr 2000

Tatsächlich sind Würfe mit Importabstammung in der Regel weniger homogen (= gleichartig) als andere. Dies ist nur logisch. Die europäische Azawakhzucht resultiert aus insgesamt elf (!) Hunden, aus denen die so genannte jugoslawische Linie sowie die französische Linie entstammen. "Mangels Masse" wurde in den Anfängen der Azawakhzucht eng gezüchtet, Inzestzucht (= Verpaarung von Individuen in engsten Verwandtschaftsgraden, z. B. Geschwisterverpaarung, Eltern/Nachkomme) war keine Seltenheit. Inzestverpaarungen haben bei nur zwei Generationen schon einen Inzuchtkoeffizienten (= Maß für den Inzuchtgrad) von sage und schreibe 25 % und somit einen entsprechenden Ahnenverlust. Die Folge ist Inzuchtdepression, d. h. die Verminderung von Vitalität, Fruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit. Mit steigender Inzucht werden immer mehr Genorte gleich besetzt, die Nachzucht wird dementsprechend gleichmäßiger (= homogener). Die Hunde können infolgedessen zwar immer "edler" und feiner werden, aber diese auf Übertypisierung hinauslaufende Entwicklung schlägt sich in ihrer Anatomie meist negativ nieder. Wir sehen dies beispielsweise an extrem engen Fronten, fragilen Läufen, losen Gelenken, steppendem statt ausgreifendem Gangwerk, einem kreisrunden statt schiffbugförmigen Brustkorb, schwachen und kurzen Unterkiefern und mitunter auch am fehlenden Geschlechtsgepräge insbesondere bei Rüden.

Gäbe es nicht Importe aus den Ursprungsregionen, könnte man aufgrund der minimalen europäischen Anfangspopulation heute keine Hunde mehr finden, die nicht mehr oder weniger eng miteinander verwandt sind. Die Rasse Azawakh wäre ohne die Hinzuziehung ausgewählter Importhunde deshalb genetisch am Ende der Fahnenstange angelangt. Zu diesem Schluss kam auch die französische SLAG, als sie im Jahr 2002 die Einkreuzung von ausgewählten Sloughis zu empfehlen erwog. Diese Idee löste jedoch bei dem größten Teil zunächst der französischen Azawakhzüchter und schnell auch weltweit Entsetzen aus. Aufgeschreckt durch die mögliche, vielerorts als "Bastardisierung" empfundene Einkreuzung von Sloughis wandten sich auch Züchter, die zuvor keine Importhunde einbezogen hatten, der Erweiterung des rasseeigenen Genpools durch Azawakhs aus den Ursprungsgebieten zu. In jüngster Zeit sind in Frankreich – dem standardführenden Land – in über 50 % der aktiven Zuchtstätten Würfe mit Importhunden bzw. Importabkömmlingen der ersten Generation gefallen. Dort hat man schnell gelernt, den Importhund nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung der Rasse und des Genpools zu begreifen. Nicht unerwähnt bleiben sollte hier auch, dass die Zucht im französischen Zwinger Kel Tarbanassen fast ausschließlich auf der Verwendung von Importen basiert, und das bereits seit 1986. Im Übrigen findet man den Namen Kel Tarbanassen auch in diversen Pedigrees im Hause Aulad al Sahra’s.

Hier kommen wir nun zu dem Punkt, an dem man unweigerlich die von Herrn Dr. Hochgesand vertretene "Schöpfungslegende" betrachten muss. Hier malt er in den schönsten Farben das Fabelwesen eines hochedlen Tieres, des Begleiters der blauen Ritter der Wüste, das auf wundersame Weise irgendwo im tiefsten Azawakhtal gefunden und dann zur Begründung einer ebenso edlen Population nach Europa exportiert worden sei. Sicherlich waren schöne Hunde unter den ersten Importen. Aber ganz ehrlich: Insbesondere Darkoye Sidi als auch später C’Babasch – diese seien hier nur als Beispiel genannt – waren weder edler noch typischer als ein nach hiesiger Auffassung als durchschnittlich bewerteter Importhund der jüngeren Zeit. Diese Rüden bzw. deren Abkömmlinge wurden damals auch von dem so kritischen Herrn Dr. Hochgesand zur Zucht verwendet … Soll diese Tatsache unerwähnt und der geneigten Leserschaft unbekannt bleiben? Oder war ihre Zuchtverwendung gar ein Versehen?

Darkoye Sidi, * 1976

Es macht wenig Sinn, mit freudiger Gehässigkeit auf den einen oder anderen phänotypisch nicht optimalen Importhund zu zeigen und dabei den Niedergang der Rasse zu proklamieren. Ein weniger modisches Erscheinungsbild macht mir jedenfalls weitaus geringere Angst als jene disfunktionalen Veränderungen der Anatomie, die man beim deutschen "Eurozwack" gerade in der letzten Zeit immer häufiger beobachten kann. Eine kräftige Rute ist bei kluger Verpaarung bereits in der ersten Generation Geschichte, der Verlust des Genpotentials durch Engzucht jedoch nie wieder gutzumachen!   

Im Übrigen hat die in Frankreich entstandene "Weißdiskussion" nichts mit Importhunden zu tun – es wäre nett, Herr Dr. Hochgesand, wenn Sie hier bei den Tatsachen blieben. Auslöser war der genetisch nicht verwunderliche Umstand, dass in den französischen Ausstellungsringen Azawakhs ohne jeglichen aktuellen Importblutanteil, aber mit extrem ausgedehnten Weißzeichnungen auftauchten. Zur Sprache gebracht wurde das "Problem" hier in Deutschland erst, als ein deutscher Azawakhrüde von herausragender Anatomie und hervorragendem Wesen in den hiesigen Showringen so erfolgreich wurde, dass er von den etablierten Konkurrenten kaum mehr zu schlagen war. Ein weiteres Motiv ist in den Ergebnissen der Azawakh-Jahresausstellung 2004 zu finden, wo die belgische Richterin Frau Dams Hunde mit ausgedehnten weißen Abzeichen auf die vorderen Plätze gesetzt hat. Aber ausgedehnte Weißzeichnung kommt doch in den besten Familien vor!   

Aulad al Sahra's Damagaram

... und seine Enkeltochter, Ch.d.T. O'Walet Djado du Mont Saint Nicolas

Schade, dass züchterischer Ehrgeiz wieder einmal drauf und dran ist, die Kynologie zu erschlagen!

Gudrun Büxe jun.